Heute habe ich einen kleinen Spaziergang rund um das Klein Viert und das Kasseburger Moor gemacht und dabei Eindrücke gesammelt, die mich nachdenklich gemacht haben. Die Holzernte ist aktuell in vollem Gange. Damit gehen naturgemäß Unannehmlichkeiten einher, wie z.B. die verschlammten Wege oder die Holzstapel am Wegesrand. Alles kein Problem, sowas gehört zum Wald. Bevor ich nun aber meckere, eine Bemerkung vorweg:

Die letzten zwei Jahre war ich mit meiner Fotoausstellung „Die alten Bäume des Sachsenwaldes“ im Heimatgebiet unterwegs. Häufig wurde ich gefragt, wo denn der Sachsenwald am schönsten sei, wo man ihn am intensivsten erleben könne. Auf diese Fragen antwortete ich stets: „Der Sachsenwald ist in seinen schattigen Wegen am schönsten. Die sind mit urigen alten Bäumen gesäumt, dahinter steht meist langweiliger Wirtschaftswald.“ Und dann  erinnere ich mich noch an einen kritischen Besucher, der mich fragte, warum ich nur so schöne Bilder vom Wald zeige. Schließlich gäbe es genügend Problempunkte, auf die ich als Fotograf aufmerksam machen müsste. Ich antwortete ihm mit dem Monty Python Zitat: „Always look at the bright side of life.“

Doch am jüngsten Kahlschlag am Oedendorfer Weg konnte ich einfach nicht wegschauen. Musste das nun wirklich so sein?

 

Unser Wald ist viel mehr als nur eine Holzquelle. Er schützt Klima und Artenvielfalt und ist für viele von uns ein Ort zum Durchatmen und Entspannen. Ich weiß, dass diese verschiedenen Aufgaben manchmal im Widerspruch zueinander stehen. Für Waldbesitzer ist es daher eine große Herausforderung, die richtige Balance aus Nutz-, Schutz- und Erholungswald zu finden. Diese Balance ist übrigens kein frommer Wunsch von mir, sondern das übergreifende politische Ziel des Bundeswaldgesetzes. Wenn die Waldbesitzer diese Ausgewogenheit aus dem Auge verlieren, riskieren sie auf Dauer, dass politischer Handlungsdruck entsteht, der sich dann in Überregulierung entlädt. Natürlich ist es auch wichtig, dass Besucher Rücksicht nehmen und naturverträglich verhalten, damit der Wald ein schöner Ort für alle bleibt. Wer nachhaltige Aufforstung möchte, sollte junge Bäume in den Anpflanzungen und Wildtiere in ihren Einständen schützen – auch das steht im Waldgesetz und klappt am besten, wenn man auf den Wegen bleibt. Der Appell an das Wegegebot wird jedoch verhallen, wenn die bekannten Waldwege nicht attraktiv und einladend bleiben.

Wenn Spaziergänger nur noch auf kahlgeschlagene Wirtschaftsschneisen geschickt werden, suchen sie sich eigene Wege, selbst dann, wenn diese zur Abschreckung zerfurcht und vernässt wurden. Das Waldgesetz erlaubt schließlich das Betreten des Waldes, was aber auf Dauer weder dem Wald, dem Wild noch den Erholungssuchenden zuträglich ist. Deshalb ist es so wichtig, dass die Hauptwege weiterhin echte Waldatmosphäre vermitteln und zugänglich bleiben.

Übrigens können dauerhafte Waldsperrungen das zugrunde liegende Problem nicht lösen. Je stärker die Attraktivität der Hauptwege beeinträchtigt wird, desto häufiger wird die Untere Naturschutzbehörde kritische Anfragen erhalten, ob diese meist jagdlich motivierten Sperrungen nicht wesentlichen Interessen der Allgemeinheit – insbesondere dem Erholungsbedürfnis der Bevölkerung – entgegenstehen. Einem solchen öffentlichen Interesse wird sich die Behörde langfristig nicht entziehen können. Spätestens dann würde die Abholzung entlang der Hauptwege zum Bumerang werden.

Daher mein herzlicher Appell an alle, die Verantwortung für den Wald tragen: Nur Sie entscheiden, ob die alten Bäume am Wegesrand geschont werden, damit die großen Wege im Sachsenwald weiterhin attraktiv bleiben. Mit jedem alten Baum am Weg beweisen Sie, dass Sie die Veranwortung für das Gemeinwohl ernstnehmen, und dass Sie den Sachsenwald auch in Zukunft als einen Ort bewahren, an dem wir alle die Natur genießen können, ohne sie dabei zu zerstören.